Walter Mittelholzer ist ja wohl den Meisten mit etwas Geschichtssinn ein Begriff. Aber was hat es mit dem Afrikaflug von 1926/27 auf sich? Da wird es wohl schon schwieriger mit dem Wissen, zumindest für mich. Und da wir uns ja von Mittelholzer für die Reise nach Kapstadt inspirieren liessen, habe ich versucht, mich etwas über seine Reise “über den Dunkeln Erdteil” schlau zu machen.
Das erste Staunen kam gleich: Mittelholzer war mit einem Wasserflugzeug unterwegs! Wasserflugzeug in Afrika? Wenn man es sich aber überlegt, gab es wohl 1927 noch nicht um jede Ecke irgendeine Landebahn, sodass sich wohl Flüsse und Seen als einzige zuverlässige Landemöglichkeiten anboten.
Das Flugzeug mit der Kennung CH-171 wurde von Walter Mittelholzer (damals Direktor und Chefpilot von AD ASTRA AERO, aus welcher später die SWISSAIR entstand) bei DORNIER in Auftrag gegeben. Es hatte eine Spannweite von 19,6 m und ein Startgewicht von 4000 kg.
Im Juni 1926 wurde in der Werft Manzell am Bodensee mit dem Bau begonnen. Nach Fertigstellung Anfang Oktober wurde es von Mittelholzer an den Zürichsee überflogen. Das Ziel war ein Expeditionsflug mit einem Wasserflugzeug quer durch Afrika nach Kapstadt über eine Gesamtdistanz von rund 20’000 km.
Mit diesem Flug sollte unter anderem bewiesen werden, dass man bereits mit den damaligen Flugzeugen ohne Errichtung von speziellen Landeplätzen mit teurer Infrastruktur solche Flüge durchführen konnte, unter Ausnutzung von natürlichen Landeplätzen auf Flüssen und Seen.
Die vier Teilnehmer dieser Expedition waren v.l.n.r auf dem obigem Bild der Schriftsteller René Gouzy, der Geologe Dr. Arnold Heim, Walter Mittelholzer als Pilot und Hans Hartmann als Mechaniker und Copilot.
Eine für heutige Verhältnisse nicht mehr vorstellbare Gegebenheit verdient auch noch der Erwähnung: Da Flugbenzin und Öl in diesen Jahren noch ziemlich rare Artikel waren, mussten auf Grund möglichst genauer Berechnungen entlang der Route an voraus bestimmten Landeplätzen Vorratsdepots in zum Flugplan passender Grösse angelegt werden. Insgesamt wurden total 16’000 l Benzin und 800 kg Öl bereitgestellt, welches im Voraus bezahlt werden musste! Die Bestellung dazu erfolgte über die Firma „ASIATIC PETROLEUM CO.“ mit Sitz in London viele Monate im Voraus. Diese Firma übernahm die Versorgung der Depots, wobei alle Lieferungen insgesamt etwa vier Monate beanspruchten und zu entlegenen Orten teilweise bis zu acht Wochen unterwegs waren! Die endgültige Bestätigung, dass alle Depots versorgt seien, traf erst nach der Landung in Kairo ein.
Der Start zum Afrikaflug nach dem schwarzen Kontinent erfolgte vom Zürichsee am 7. Dezember 1926 um 10:13.
Die Route führte mit Zwischenlandungen in Pisa und Neapel nach Athen und von dort nach Alexandrien. Der weitere Flug folgte auf Grund der verfügbaren Wasserungsmöglichkeiten mehr oder weniger dem Verlauf des Nils bis zu dessen Quellgebiet. In Jinja am Nordufer des Victoriasees erzwang eine dringend notwendig gewordene Motorenrevision einen Aufenthalt vom 8. bis 30 Januar 1927. Weitere Stationen waren die grossen Seen wie Albert-, Victoria- und Tanganjikasee.
Mit auf dem Flug war auch eine recht umfassende Foto- und Filmausrüstung: Neben einem Foto-“Ungetüm”, dessen Filmrollen 18cm breit und 6.8 Meter lang waren, waren auch diverse Filmkameras dabei, mit denen rund 2500 m Film gedreht wurde. Eine ins Flugzeug integrierte Dunkelkammer diente unterwegs zum Wechseln der Filmrollen oder zum Entwickeln von Probeaufnahmen. Ausserdem war eine Kamera an Bord, mit der man kartographische Aufnahmen machen konnte. Auf einer Flughöhe von 1000 m konnte damit auf einer Länge von 792km und einer Breite von 900 m ununterbrochen Aufnahmen gemacht werden. Diese Kamera musste aber aus Gewichtsgründen unterwegs zurückgeschickt werden.
Die folgende Karte zeigt den weiteren Verlauf des Fluges. Ab Mozambique folgte man der südafrikanischen Ostküste bis Kapstadt. Kleines Detail am Rande: Auf der folgende Karte ist der Kilimanjaro noch mit einer Höhe von 6010 angegeben. Leider “schrumpfte” er aber in der Folge auf die aktuellen Höhe von 5895 m, sodass man heute dort keinen 6000er mehr besteigen kann …
Kapstadt wurde am 21. Februar 1927 nach einer 65 tägigen Reise um 12:20 glücklich erreichte. Somit war die erste Überquerung des afrikanischen Kontinents mit einem Wasserflugzeug gelungen.
Die Heimreise des Flugzeuges erfolgte zerlegt auf einem Dampfer. Es wurde anschliessend von AD ASTRA AERO mit Radfahrwerk im Liniendienst in Europa eingesetzt. Im März 1931 ging es durch die Fusion von AD ASTRA AERO und BALAIR in den Besitz der daraus neu entstandenen SWISSAIR über, wurde jedoch nicht mehr im Linienverkehr eingesetzt und bald darauf in Dübendorf verschrottet.
Quellen:
– http://www.ipms.ch/plugins/forum/forum_viewtopic.php?2990
– http://de.wikipedia.org/wiki/Walter_Mittelholzer
– Mittelholzer Walter: Afrikaflug – Im Wasserflugzeug “Switzerland” von Zürich über den Dunkeln Erdteil nach dem Kap der Guten Hoffnung, Orell Füssli 1927
Das waren echte Pioniere- heute wirklich nicht mehr vorstellbar, wir sind viel zu riskioscheu, um solche Abenteuer heute noch zu wagen … Bestätigung von Treibstoffdepotversorgung erst nach der Landung – da würden heute alle Alarmglocken leuten, Sicherheitsberater durchdrehen und eine Flugfreigabe wäre undenkbar. Aus dieser Perspektive ist Euer Flug von Morgen schon fast eine Luxusreise, wenn auch mit einigen Abenteuerelementen gespickt!
Guten Flug!