Nachdem wir in Phase II unserer Ferien für eine Woche alleine rumgereist waren, würden unsere Wege in Siem Reap, der Ortschaft bei den Tempelanlagen wieder zusammenführen. Akribische Planung der Flüge sollten diese organisatorische Meisterleistung ermöglichen. Mein Flug sollte zwar eine Stunde früher ankommen, unseren Abholservice vom Hotel hatten wir aber auf den Ankunftstermin von Hausi bestellt. Aufgrund der Probleme bei einem meiner früheren Flüge mit Vietnam Airlines hatte ich dann aber doch Zweifel, dass alles gut gehen wird. Diese Befürchtungen waren aber unbegründet. Alle waren zur richtigen Zeit am richtigen Ort, inklusive Gepäck und zu aller Freude wartete auch schon der Fahrer von unserem Hotel mit seinem TukTuk auf uns. TukTuk? Was ist denn das? Die Version, die in Kambodscha im Einsatz ist, besteht aus einem normalen Motorrad mit einer Anhängerkupplung und einem Anhänger, der bis zu vier Personen Platz bietet. Es ist hier das Fortbewegungsmittel Nummer 1 für Touristen. Je nach Motorisierung ist das Ding schneller oder langsamer.
Unser TukTuk mit dem Guide für die Tempelanlagen.
Wir hatten Glück: Unser Fahrer hatte ein sehr neues Tuktuk mit einem 125cm3 Motor. Als Folge davon kühlte die natürliche Klimaanlage, sprich der Fahrwind, auch mehr. Und eine Kühlung kann man hier gut gebrauchen. Als war ankamen, nach Sonnenuntergang, war es angenehm warm. Am Tag klettert dann aber die Temperatur deutlich über 30 Grad, bei etwas erhöhter Luftfeuchtigkeit. Und die Sonne brennt erbarmungslos von oben. Jemand mit Vernunft würde da sofort eine Siesta einlegen …
Siem Reap ist bekannt wegen der riesigen Tempelanlagen, die sich auf weit über 100 km2 erstrecken. Die berühmteste davon heisst Angkor Wat, unter der die Anlagen meisst bekannt sind. Sie liegen in einer Eben und sind zum Teil durch 40 Meter hohe Bäume überwuchert. Im 16. Jahrhundert wurden viele Anlagen verlassen und bis ins späte 19. Jahrhundert kaum Beachtung geschenkt. Danach wurde es von Forschern wiederentdeckt und vor allem durch die Franzosen intensiv erforscht und auch restauriert.
Erstes Foto von Angkor Wat aus dem Jahre 1866 (durch John Thomson):
Und gleich der Zeitsprung von 150 Jahren:
Die Tempel stammen aus der Zeit 10. – 12. Jahrhundert. In dieser Zeit, der Blütezeit der Khmer, lebten in dieser Region angeblich um eine Million Menschen. Ihr Wohlstand rührte davon, dass sie wegen der zahlreichen Bewässerungsanlagen mehrmals pro Jahr Reis anbauen konnten. Die brauchte es aber auch, um die riesigen Anlangen zu errichten. Der Stein dazu wurde meist 50 Kilometer weit über einen Fluss herantransportiert. Ursprünglich als hinduistische Tempel gebaut wurden später viele zu buddhistischen Stätten ”umgewandelt” (sprich die hinduistischen Figuren einfach weggemeisselt) oder neu erbaut.
Erwähnenswert ist auch, wie fortschrittlich (oder auch fälschungssicher oder was auch immer) hier die Eintritt-Tickets angefertigt werden. Alle Tickets sind persönlich und mit einem Bild versehen, das beim Kauf mit einer Kamera gemacht wird. Ein 3 Tage-Pass kostet 40 $. Wenn man bedenkt, dass jedes Jahr rund 3 Millionen Touristen die Tempel besuchen, ist das schon ein ganz schöner Batzen. Aber es hat auch sehr viel Personal, dass die Anlagen täglich putzt und im Schuss hält.
Was sofort auffällt ist, dass praktisch alle Touristen aus dem asiatischen Raum kommen, bzw. die anderen in der Menge Chinesen untergehen. Mein Flug von Hanoi war schon voll Chinesen. Und so wurde “we want to be there before the Chinese” – “wir wollen vor den Chinesen dort sein” ein häufig verwendeter Satz von uns. Man sieht auch deutlich eine Abstufung bei den Asiaten: Die Chinesen reisen mit den klimatisierten modernen Reisecars in den Tempelanlagen umher, die Japaner verwenden ältere Busse und die Koreaner sind mit TukTuks unterwegs.
Das war der Plan: Wir hatten für den ersten Tag einen Guide gebucht, der uns die Geschichte und Bedeutung der Anlagen erzählen sollte. Am zweiten Tag wollten wir die Anlagen selber besuchen, je nach Lust und Laune. Und am dritten Tags wollten wir wieder zurück nach Vietnam Reisen. Soviel zur Theorie, jetzt geht es endlich los!
Mit unserem Führer waren wir am ersten Tag auf der kleinen Tour unterwegs. Darin enthalten sind die wichtigsten Tempel der Anlage, mit Ta Prohm, Angor Thom und Bayon und Angor Wat. Angefangen haben wir frühmorgens um 07:30, vor den Chinesen versteht sich von selbst, in Ta Prohm. Ursprünglich als buddhistisches Kloster gebaut, ist es heute hauptsächlich wegen der Bäume bekannt, die die Tempelanlagen überwuchern.
Häufig sieht man auch Stützen, ohne die das Mauerwerk wohl schon lange unter der grossen Last der Bäume kollabiert wäre.
Als nächste Station war der Temple Bayon, gebaut im späten 12. Jahrhundert. Er besteht aus 54 Türmen, wobei sich an jedem der Türme in alle vier Himmelrichtung ein Gesicht befindet. Das macht total 216 Gesichter, logisch. Von Weitem sieht der Tempel ziemlich zerfallen aus,
wenn man ihn aber aus der Nähe erkundet, sieht man die vielen Gesichter und auch noch manch andere Details. Treppenbauen hatten sie früher aber noch nicht so im Griff. Die sind alle so steil, dass man sich schon fast anseilen möchte.
Immer wieder sieht man buddhistische Mönche in den Anlagen. Diese wohnen aber nicht hier, sondern sind wie wir Touristen auf Besuch. Auffällig ist, wie modern sie zum Teil ausgestattet sind. Mit Smartphone der neusten Generation werden Erinnerungsfotos gemacht.
“Hausi leads the way”
Den Abschluss des Tages bildete der Besuch des Angkor Wat Temples. Er gilt als das größte sakrale Bauwerk der Welt. Die Anlage ist umgeben von einem Wall mit einer Länge von 1300 x 1500 Metern. Die eigentliche Anlage hat Länge von jeweils 1km. Obwohl es beim Eingang nur so von Touristen wimmelt, nix mehr “mit vor den Chinesen dort sein”, verteilt sich der Strom über die ganze Anlage und fällt eigentlich nicht negativ auf.
Viele Wände sind mit Figuren verziert, die irgendwelche hinduistischen Sagen beschreiben. Im folgenden Bild sieht man das „Quirlen des Milchozeans“, bei dem die Götter auf der einen und die Dämonen auf der anderen Seite an einer Schlange ziehen, die um einen Berg gewickelt ist, um damit das Meer aufzuwühlen und den Unsterblichkeitstrank zu erzeugen. Die ganze Szene ist gegen 50 Meter lang. Und das ist nicht einmal die Hälfte einer Seite des inneren Tempels.
Schlachtszene von einer anderen Wand. Trotz zahlreicher Schilder “nicht berühren” sieht man genau, wo die Besucher trotzdem hingelangt haben, nämlich dort, wo es glänzt.
Ganz im Innern konnte man dann noch über eine der steilen Treppen, die dritte Stufe des Tempels ersteigen. Bedingung war, dass die Hosen über die Knie gehen. Da mussten wir etwas erfinderisch werden und mit runtergerutschten Hosen durch die Kontrolle gehen.
Oberster Teil des Tempels
Steinsäulen gibt es auch sehr viele hier. In erstaunlich gutem Zustand.
Wie kann man einen langen Tag würdig abschliessen? Richtig! Mit einem guten Essen. Der Hunger hatte uns zu einer doch recht umfassenden Probe der lokalen Köstlichkeiten veranlasst, sodass wir danach schon fast ins Hotel zurückrollen konnten.
Der erste Tag waren wir noch ruhig angegangen. Am zweiten wollten wir aber vor den Massen in Banteay Srei, einem rund 40km entfernten Tempel, sein. Das wurde uns auch von unserem Führer empfohlen und so bestellten wir unseren TukTuk Fahrer für einen frühen Start. Tagwacht um 04:30 ! VIER UHR DREISSIG! In den Ferien! Unglaublich! Erste Station war Banteay Kdei, wo wir den Sonnenaufgang erleben wollten.
Die bereits anwesenden Souvenir-Verkäuferinnen erkannten sofort, wo sie noch vor Sonnenaufgang den angestrebten Tagesumsatz erzielen konnten.
Alle anderen, die nichts kaufen wollten, konnten dadurch ungestört den Sonnenaufgang bewundern.
Danach (für die einen Sonnenaufgang, für andere Einkauf) ging es mit unserem TukTuk in rasender Fahrt weiter. Das Ding schafft wirklich 60km/h. Dann fühlt es sich aber schon fast wie fliegen an. Statt der übliche 45 Minuten brauchte unser Fahrer nur 30 Minuten. Es hat sich aber auf jeden Fall gelohnt, denn wir hatten den Tempel praktisch für uns alleine. Durch das Eingangstor gelangte man zum eigentlichen Bauwerk
Es ist ein sehr altes Bauwerk. Die Einweihung erfolgte im Jahre 967.
Durch die Ausrichtung Richtung Osten gab es sehr gutes Morgenlicht. Hier sieht man noch einen Arbeiter beim Putzen oder Staubaufwirbeln.
Der rosa Sandstein ist sehr weich und lässt besonders detaillierte Ornamentik zu, die fast wie geschnitzt aussieht.
Von Banteay Srei gibt es sogar eine Beziehung zur Schweiz: Und zwar hat die Schweiz eine Restauration nach der Jahrtausendwende finanziert wie diese Tafel zeigt.
Seltener Blick hinter die Kulissen. Das vorletzte Foto wurde wohl gerade gemacht.
Und noch ein Making of:
Am Nachmittag gab es natürlich noch mehr Tempel. Highlight war sicherlich der Preah Khan Komplex. Früher soll es ein Kloster für bis zu 1000 Mönche gewesen sein. Doppelter Säulengang. Wenn in die Nähe geht sieht man, wie das Bauwerk mit Verstrebungen aus Metall zusammengehalten wird. Nur so ist zu erklären, dass es immer noch steht. Denn gebaut wurde diese Anlage ebenfalls im 12. Jahrhundert.
Besonders faszinierend an Preah Khan ist, dass die Anlage unglaublich verwinkelt ist und man praktisch alles erkunden kann. So viele verschiedene Perspektiven. Es wäre sicher auch einen Besuch am frühen Morgen mit besserem Licht zum Fotografieren wert! Erstaunlicherweise waren hier kaum Menschen anzutreffen und wenn, dann nur Individual-Touristen. Vermutlich würde eine grosse Gruppe zu viele in all den Winkel verlieren.
Auf dem Rückweg zum Hotel verschenkte Hausi noch ein Paar Rennautos an Kinder. Da wurde das Sammeln von leeren Pet-Flaschen sofort eingestellt.
Unterwegs kam uns ein fahrender Einkaufsladen-TukTuk entgegen.
Der Versuch, nach dem Sonnenaufgang heute auch den Sonnenuntergang zu beobachten, wurde durch die Tatsache zunichte gemacht, dass die Tempelanlagen genau um 17:30 schliessen. Nicht eine Minute vorher und nicht eine danach. Also konnten wir nicht auf den Phnom Bakheng Tempel steigen, sondern mussten von einer Aussichtsplatform darunter den Sonnenuntergang beobachten. Schön war es aber trotzdem.
Langsam wird dieser Blog-Eintrag “etwas” lang. Die Idee, die drei Tage in Siem Reap als einen Eintrag zusammenzufassen, waren wohl nicht so toll. Und es fehlt immer noch ein Tag … aber es ist wirklich sehr eindrücklich hier, trotz der vielen Touristen und es gibt so viele Bilder oder Geschichten, die ich gerne zeigen/erzählen würde aber aus Platzgründen weglassen musste.
Am dritten Tag wollten wir es gemütlich angehen. Am Morgen stand die Besichtigung der schwimmenden Dörfer auf dem Tonle Sap See auf dem Programm.
In eine kleinen Boot fuhren wir Richtung See
Schwimmendes Haus. Zu sehen die Küche und das WC(?). Die Häuser werden je nach Jahreszeit und Wasserstand verschoben. In der Regenzeit kann der Spiegel bis zu 8 Meter steigen, dies auch darum, da der Abfluss, der Tonle Sap Fluss, in der Regenzeit seine Flussrichtung (wegen des Mekongs) umkehrt und wieder zurück in den See fliesst.
Wir haben im schwimmenden Dorf auch noch die Schule unterstützt. Aber nicht mit einer Geldspende, sondern indem wir vorher einen Sack Reis gekauft haben und
dann zur Schule gebracht haben. In Anbetracht des Lärmpegels ist es mir sowieso ein Rätsel, wie und was hier gelernt werden soll …
Die Hälfte der Klasse musste ausserdem wegen Platzmangels hinten warten. Die andere Hälfte sass auf dem Bänken.
In der Schule bekommen die Kinder auch gleich das Mittagessen. Hier wurde unser Reis gleich gewaschen. Wasser hat es ja genug, welcher Effekt damit genau erzielt werden soll, ist mir in Anbetracht der Wasserqualität aber ein Rätsel. Auf dem Bild sieht man ausserdem einen mobilen Boots-Laden. Sehr praktisch, falls man noch etwas vergessen hat fürs Kochen.
Auf dem Rückweg konnten wir ein paar Fischer bei der Arbeit beobachten.
Bei dieser Technik werfen sie das Netz aus, das aufgrund von Gewichten am Rand sofort absinkt und so die Fische gefangen werden.
Nach einer ausgiebigen Siesta, versuchten wir heute nochmals, einen Sonnenuntergang vom Phnom Bakheng Tempel zu beobachten. Was macht diesen Tempel denn so speziell für einen Sonnenuntergang? Ganz einfach: Er liegt auf einem rund 55 m hohen Hügel und es bietet sich deshalb eine super Aussicht auf die untergehende Sonne und auch andere Tempelanlagen.
Offensichtlich hatten auch andere von dieser Tatsache Wind bekommen und so fühlte man sich hier oben ganz bestimmt nicht alleine sondern mitten drin.
Blick auf Angkor Wat.
Da wir aber schon um 18:30 beim Hotel für unsere Busfahrt zurück nach Saigon abgeholt wurden, konnten wir nicht warten, bis die Sonne wirklich untergegangen war sondern mussten uns früher auf dem Rückweg machen. Für ein schönes Stimmungsbild reichte es aber immer noch.
Damit ging die Zeit in Kambodscha zu Ende. Die Reise zurück nach Vietnam mit dem Bus hat einen eigenen Blog-Eintrag verdient.