Nachdem wir eine ruhige Nacht, ohne Hähne, Hunde oder sonst irgendwelchen tierischen Lärm verbracht hatten, mussten wir nach dem Frühstück diverse Haushalte besuchen. Alle wollten ihre Sachen zeigen. Hier ist eine ältere Frau mit ihrem Webstuhl. Sie bot uns auch diverse selbstgewobene Kleidungsstücke an, leider ist alles aber aus der relativ rauen Lama-Wolle gefertigt. Jetzt muss ich für die Mütze, die ich aus Anstand doch gekauft habe, noch ein Opfer finden…
Auf der Strasse ging es dann weiter mit einem Vicuña, dass von diesem Jungen aufgezogen wurde, weil es von der Mutter verstossen worden war.
So nahe haben wir bisher noch keines gesehen und werden es auch wohl auch nicht mehr auf dem Rest der Reise.
Auch die Kirche wurde uns noch gezeigt. Kleiner einfacher Bau, mit typischem Argentinischem Schmuck.
Jetzt mussten wir aber wirklich los, denn es stand uns noch eine weite Tagesetappe bevor, auf mehrheitlich schlechteren Strassen. Kleine Regel, aber eigentlich total logisch: Willst du zu einem Dorf kommen, folge einfach den Strommasten.
Nächstes Ziel war das Dorf Susques, indem wir die älteste Kirche von Argentinien besichtigen wollten. Zuerst mussten wir aber warten, bis die Prozession, es wurde gerade Allerheiligen gefeiert, zum Friedhof losgezogen war.
Dies ist eine der ältesten Kirchen von Argentinien, die im Jahre 1598 gebaut wurde und trägt den Namen “Iglesia de la Virgen de Belén”. Selbst die Tiere gehen hier offenbar zur Kirche.
Im Innenhof.
Wir konnten noch kurz einen Blick ins Innere werfen, bevor der Mesmer die Kirche schloss und der Prozession hinterher eilte.
Wir gingen auch noch auf dem Friedhof, wo die Prozession in der Zwischenzeit angekommen war. Offenbar gibt es auch hier keinen Pfarrer. Jedenfalls konnte ich keinen erkennen und die Gebete wurden von drei Frauen vorgetragen, die, ganz modern, sogar über ein Mikrofon mit Lautsprecheranlage verfügten. Die Blumen auf dem Foto sind übrigens alle aus Papier, die einzig sinnvolle Alternative unter diesen klimatischen Bedingungen.
Auf der Weiterfahrt trafen wir einen anderen Reisenden. Sein Reisemittel ist aber in dieser Region wohl nur bedingt geeignet und man fragt sich, wo er seine Wasservorräte hat, denn hier gibt es nicht gerade um jede Ecken einen Brunnen oder Wirtschaft …
Man sieht immer wieder “wilde” Esel. Diese Stellen aber in der Regel mehr eine Plage dar, da sie viel zu viel wegfressen.
Bereist erwähnt, hier aber in Natura: die Suris (nun weiss ich, dass man sie so schreibt, wie man sie ausspricht). Sie sind nichts anderes als Bonsai-Strausse, heissen auf Deutsch natürlich wieder einmal ganz anders: Dawrin-Nandu, weitere Infos auf Wikipedia. Vielleicht wegen der Grösse sind sie extrem schreckhaft. Man kommt im besten Falle auf 100m an sie heran, bevor sie reissaus nehmen.
Da sind die Lamas schon viel zutraulicher. Auf dem folgenden Bild sieht man nicht zwei überfahrene auf der Strasse liegen, sondern zwei, die sich genüsslich auf der Strasse im Staub wälzen.
Ein geflecktes Exemplar
Der erst kürzlich, sprich vor 20000 Jahre, erloschener Vulkan “Tuzgle”.
Quasi von hinten näherten wir uns einer weiteren Attraktion der Region, einem riesigen Eisenbahn-Viadukt des “Tren a las Nubes”, dem “Zug in die Wolken”. Das Viadukt selbst heiss “La Polvorilla” und wurde 1930 gebaut.
Mehrmals pro Woche fährt vom rund 180 Kilometer entfernten Salta ein Touristen-Zug bis genau hier hin. Andere Züge verkehren auf dieser Strecke, die bis nach Chile weiter geht, seit vier Jahren nicht mehr. Die Gründe dazu sind nicht klar, wenn man bedenkt, dass auch der nicht befahrene Teil immer noch gewartet wird.
Man kann es schon fast ein Wunder nennen, dass der Zug genau zur geplanten Zeit hier ankam, bei den sonst üblichen Zeitbegriffen. Zum Beispiel kommt man auf eine Einladung zum Nachtessen üblicherweise 30-60 Minuten zu spät.
Wie hoch ist denn das Viadukt? 63 Meter? Richtig und Falsch! Es ist 63 Meter hoch und liegt auf 4197 Meter über Meer. Wir wollten uns nach Tagen der Einsamkeit natürlich nicht den touristischen Rummel und die gespielte Folklore entgehen lassen und rannten die Treppen nach oben. Ok, ganz so schnell ging es nicht, denn auf dieser Höhe bewegt man sich doch etwas langsamer.
Rechtzeitig zur Abfahrt des Zuges waren wir in Position für ein schönes Foto.
Danach ging unsere Reise noch über einen weiteren Pass unter dem selbst der höchste Berg der Schweiz Platz gefunden hätte. Ach übrigens, das grüne Paket hinter meinem GPS sind ein Bündel Koka-Blätter, die unser Fahrer unterwegs immer wieder bei Smalltalks verteilt. Smalltalks scheinen ganz wichtig zu sein. Wir haben auch schon, da wir fürs Mittagessen nicht genug Brot dabei hatten, irgendwo an einem Haus gehalten, dann hat unser Fahrer so was wie “Schönes Wetter heute, blablabla … , verkaufst du Brot? … Ja hier, zwei Laib, … sieht aber alt aus, … ist von vorgestern, ok 10 Pesos … “ und weiter ging es mit zwei Laib Brot.
Zurück zum Pass. Eigentlich nichts aussergewöhnliches in dieser Region, aber für einen Neuling wegen der Höhe doch bemerkenswert. Viele Pflanzen gibt es hier aber auch nicht.
In Argentinien trifft man sehr viele Hunde an, die frei herumrennen. Eigentlich sieht man nur frei herumrennende Hunde. Nun, der Unterschied ist, dass bei uns ein herrenlos herumrennender Hund als potentielle Gefahr betrachtet wird, während hier die Hunde Menschen in aller Regel komplett ignorieren und auch nie bellen.
Das Ziel der heutigen Etappe war der Salzsee “Salar de Pastos Grandes”. Wir wollten dort die Nacht verbringen. Doch bevor man die Nacht verbringen kann, mussten die Zelte aufgebaut werden. Auf Grund des starken Windes mussten beim grossen Küchenzelt alle anpacken, bis es mit grossen Heringen sicher am Boden fixiert war. Mein Zelt war das in der Mitte, wegen der geringeren Grösse auch viel leichter aufzustellen.
Im Hintergrund sieht man einen 6000er, ich weiss aber den Namen nicht mehr …
Mit der Sonne verschwanden auch die angenehmen Temperaturen. Während es tagsüber trotz des starken Windes noch mit einer dünnen Jacke reichte, musste, sobald die Dunkelheit einsetzte, das schwere Material ausgepackt werden. Das folgende Bild zeigt dank einer optischen Täuschung irgendwie die Kälte. Optische Täuschung? Der weisse Boden ist nicht Schnee oder Eis, es ist ganz einfach Salz.
Noch ein Nachtfoto von unserer Zeltstatt. Danach hatten wir zumindest etwas warm. (HOLA = Hallo)
Nachdem alle in ihr Zelt gekrochen waren, versuchte im mich nochmals an etwas Astrofotografie. Hier die beiden Magellanschen Wolken, die nur auf der südlichen Hemisphäre beobachtet werden können. Aber auch ich musste bald kapitulieren. Der Wind war einfach zu stark und die Temperaturen zu niedrig.
Ich war nun also im Zelt und damit waren alle Probleme gelöst. Weit gefehlt! Denn ich hatte, um Platz zu sparen, bewusst nur einen ultra-kompakten Sommerschlafsack mit einem Komfortbereich von 14 Grad mitgenommen. Da wir nur eine Nacht in einem Zelt verbringen, wollte ich nicht einen voluminösen Winterschlafsack mitnehmen. Nun, die Temperatur war nicht 14 Grand sondern sackte bis auf –2 Grad ab. Deshalb sollten die Zwiebeln helfen. Ich war recht konservativ mit mehreren Schalen gestartet. Doch im Laufe der Nacht kam immer mehr dazu, bis mir die Lagen ausgingen. Richtig warm war es aber nie …