Geplant war die Tour schon lange, nun konnte sie endlich umgesetzt werden, die Tour über den Niderbauen Chulm zum Schwalmis. Ich war vor ein paar Jahren schon auf dem Oberbauenstock, musste dann aber aufgrund von Wassermangel die Tour zum Schwalmis auf halben Weg abbrechen. Denn wenn man auf einem Grad geht, trifft man naturbedingt auf keinen Bach, was dazu führt, dass man die Trinkflaschen nicht wieder nachfüllen kann. Hat man nicht genügend Wasser dabei, trocknet man irgendwann aus. Dieses Mal sollte das Wasser-Problem nicht wieder auftreten, garantiert!
Auf einer Wanderung mit Camping gibt es neben dem Wasser aber noch genügend andere Problem, die auftreten können …
So war mein Schlafsack natürlich nicht in Zürich, sondern in der Hütte im Arni (Problem Nummer 1). Das Gleiche galt auch für den Gasbrenner (Problem Nummer 2), mit dem wir das Wasser unterwegs heiß machen wollten. So musste ich vor der Wanderung zuerst noch ins Arni fahren. Um nicht mit zwei Autos unterwegs zu sein, entschlossen wir uns, dass ich mit dem Zug fahre und Hausi mich später in Intschi abholt. Bekanntlich fahren die Züge in der Schweiz sehr regelmäßig aber oft eben nur jede Stunde. Und so stellte ich am Samstag morgen plötzlich fest, dass ich unbedingt auf den nächste Zug musste, damit ich rechtzeitig in Intschi wäre. Den zusätzlichen Proviant hatte ich natürlich noch nicht eingekauft (Problem Nummer 3). Also bekam Hausi meine Shopping-Liste aufgebrummt (Nicht ein Problem für mich, aber für ihn). Im Arni angekommen, stellte ich voll Entsetzen fest, dass sich der Gasbrenner eben doch in Zürich befand(Super Problem Nummer 4)! Unser Ultra-Light-Camping-Konzept funktioniert nur, wenn man die gefriergetrocknete Nahrung mit heißem Wasser zubereiten kann … Da der Weg zurück nach Zürich keine Option war, musste ein vergleichbarer Brenner hier aufgetrieben werden. Nun befindet sich Arni nicht gerade in einem Bereich der Schweiz, wo der nächste Outdoor-Laden mit aller Ausrüstung gerade um die Ecke liegt. Ich konnte in Altdorf aber ein Sportgeschäft finden, wo es genau noch einen Gasbrenner an Lager hatte. Also ab nach Altdorf! Beim hastigen Zusammenpacken aller Sachen im Arni kam auch schon gleich das nächste Problem (Nummer 5) zum Vorschein: Der Wasserbeutel, mit dem ich üblicherweise das Wasser transportiere, hatte den Winter nicht überlebt. Ein grosses Loch machte ihn unbrauchbar. Also gab es auf dem Weg nach Altdorf noch einen Update für Hausi’s Shopping-Liste: WIR BRAUCHEN WASSER IN FLASCHEN! An dieser Stelle gibt es endlich auch etwas Positives zu berichten: Der Gasbrenner in Altdorf ist wirklich brauchbar! Somit war für heißes Wasser gesorgt. Als Ausgleich dafür stand aber schon Problem 6 vor der Tür: Die zu transportierende Menge an Material überstieg ungefähr um Faktor 2 den in den Rucksäcken zur Verfügung stehenden Platz. An dieser Stelle sei nicht erwähnt, dass die Größe des Rucksacks von gewissen Teilnehmern dieser Expedition wohl um Faktor 4 zu klein ist, was dazu führte, dass man in einer Tiefgarage in Altdorf Zwecks Lastverteilung und Optimierung die ganze Ausrüstung nochmals auseinander reißen musste.
Wie dem auch sei, alle Probleme konnten schlussendlich gelöst werden, sodass wir endlich unterwegs Richtung Niderbauen-Chulm waren. Die ersten 400 Höhenmeter schenkten wir uns dank einer kleinen Gondelbahn.
Wie üblich in der Innerschweiz ist auch diese Bahn nicht bedient. Sie ist aber deutlich moderner im Vergleich zur Bahn im Arni.
Viele Tasten zum Drücken?! Wenn man die Anleitung studiert, ist schnell klar, wo man drücken muss: Den Pfeil nach oben.
Und so ging es schnell bergauf. Schon bald lag das Seeli tief unter uns.
Leerer Bauch wandert nicht gern … und so gab es zuerst noch einen Wurst-Chäs-Salat im Restaurant der Bergstation.
Für heute hatten wir nur einen kurzen Aufstieg auf dem Programm, rund 600 Höhenmeter. Die auf dem Wegweiser angegebene Zeit für den Aufstieg war 2 Stunden. Das sollten wir einhalten können, obwohl der Rucksack mit dem ganzen Wasser, doch sehr nach unten drückte. Kurz vor uns brachen zwei Frauen zum gleichen Aufstieg auf. Als wir sie bereits weniger später ein und überholten, fragten wir uns, ob sie wohl den Gipfel noch bei Tageslicht erreichen würden. Der Blick nach Unten wird mir jedem gewonnen Höhenmeter besser. Schon bald sahen wir den Urner See bis an sein Ende. Die dunkeln Stellen im See sind die Schatten der Wolken.
Von unten sieht diese Felswand undurchdringlich aus.
Aber wie immer gibt es irgendwo eine schwache Stelle, durch die man sich irgendwie hochmogeln kann. In diesem Fall helfen Stahlseile und Treppen. Die eine Treppe führt sogar durch einen Tunnel steil nach oben.
Der Blick zurück nach unten. Da sind wir hochgekommen!
Vom Gipfel aus war das Panorama fantastisch! Ich wage zu behaupten, dass dieser Punkt wohl einer der Besten für den ganzen Vierwaldstädtersee ist.
Auf dem Gipfel hatte es immer wieder Schmetterlinge, die sich offensichtlich gerne fotografieren ließen.
Das ist das Panorama auf der anderen Seite, Richtung Luzern. Man sieht auch gleich zwei Gleitschirme im Einsatz. Der Hangwind macht diesen Berg zum perfekten Gleitschirm-Revier.
Um 18:00 waren wir die ersten und einzigen auf dem Gipfel. Die Sonne stand noch hoch und hielt die Temperatur in einem sehr angenehmen Bereich. Höchste Zeit also, mit einem Glas Wein anzustoßen … … Chaski aus Chile stand auf dem Programm … Über die Energie-Bilanz von diesem Wein reden wir besser nicht, war es doch schon einmal im Arni …
Wir beschlossen heute auf das Kerzenlicht/Stirnlampen-Nachtessen zu verzichten und unseren Hunger noch bei Tageslicht zu stillen. Der Salat wurde “vorbereitet”.
Der neue Gasbrenner wurde auch gleich zum Einsatz gebracht inklusive einer uralten Schweizer Militärgamelle. Diese hatte ich in der Not vom Arni mitgenommen, da ich meinen ultra-kompakten-inklusive-Kochgefäss-Brenner ja in Zürich vergessen hatte …
Was folgte waren zwei Stunden an Boa-Ultra-Aussicht im Sonnenuntergang. Hier sieht man den Schattenwurf vom Niderbauen Chulm, auf dem wir uns gerade befanden.
Die Gleichschirme flogen in wenigen Meter am Gipfel vorbei.
Die Sicht nach Osten mit der untergehenden Sonne.
Gegenüber liegen die Mythen, wo wir letztes Wochenende rumgekraxelt waren. Das Abendlich färbte sie rötlich
Durch ein tiefliegendes Wolkenbank entstand eine spezielle Stimmung. Im Hintergrund sieht man den Pilatus, im Vordergrund mich
Nachdem die Sonne unter dem Wolkenbank wieder hervor kroch, wurde die Stimmung noch besser.
Aha, man stelle fest, dass sich die Kleidung leicht angepasst hatte. Nicht mehr Shorts und T-Shirt sondern seriöse Kleidung gegen Wind und tiefere Temperaturen. Und man glaubt es kaum, aber ein wichtiger Tipps für ein Sommer-Camping in den Bergen ist: Bring eine Mütze mit!
In der Zwischenzeit waren noch andere Leute am Gipfel angekommen. Die Beiden Frauen, die wir im Aufstieg überholt hatten, hatten das Ziel 1.5 Stunden nach uns erreicht. Dann war da noch ein Pärchen, das relativ spät ankam, die es aber deutlich ernster mit dem Camping auf dem Gipfel nahmen, als eine Grossfamilie (circa 12-15) und eine Gruppe von Jugendlichen. Schlussendlich mussten wir den Gipfel nur mit dem Pärchen teilen, da sich alle anderen 100-300 Meter unter den Gipfel verdrückten.
Die letzten Sonnenstrahlen gegen 21:20.
Danach war die Stimmung Richtung Luzern/Pilatus aber immer noch toll
Im Vordergrund das Gipfeldreieck.
Auf der gegenüberliegenden Seite ging der fast volle Mond auf.
So, nun war es aber höchste Zeit, ins Bett bzw. den Schlafsack zu gehen, wollten wir doch um 4:30 wieder aufstehen.
Als der Wecker um 04:30 läutete, kündigte sich bereits der neue Tag über den Mythen an.
Auf der gegenüberliegenden Seite hat der Mond immer noch das Sagen. Er stand gerade über dem Oberbauenstock, unserem ersten Ziel von heute.
Der Blick Richtung Westen beziehungsweise Luzern/Pilatus.
Da wir heute noch viel vorhatten, machten wir uns bereits vor Sonnenaufgang, der um 05:20 stattfinden sollte, los. Als die ersten Sonnenstrahlen über die Berge reichten hielten wir für ein Foto inne. Der Kundige erkennt sofort die Mythen und den Haggenspitz im folgenden Bild.
Auf der gegenüberliegenden Seite fingen die Berge an zu glühen.
Für uns ging es weiter bergauf.
Der Mond kämpfte an dieser Stelle immer noch, stand aber mit der Sonne als Gegner auf verlorenem Posten und zog sich wenig später unter den Horizont zurück. Hier sieht man den ganze Grat bis zum Schwalmis, unserem heutigen Ziel.
Die Schwierigkeiten am heutigen Tag hielten sich in Grenzen und erreichten nie wirkliches T5-Niveau. Hier sieht man den kurzen, manchmal etwas luftigen Aufstieg zum Grat.
Der Weg wird sogar zweispurig gefahren, zum Überholen oder zwecks Vermeidung eines Staus?
An der steilsten Stelle hat es sogar ein Seil.
Hausi kurz vor dem Ausstieg zum Grat. Im Hintergrund der See bei Vitznau.
Auf dem Gipfel angekommen! Und was machen die Leute? Sie spielen mit ihrem Handy herum. Leute, genießt die Aussicht! Man sieht auch, dass Hausi zu diesem Zeitpunkt bereits mit den letzten Prozenten seines Handy Akkus kämpfte und deshalb eine Batterie angeschlossen hatte.
Die Aussicht vom Gipfel. Links Richtung Pilatus
Die Mitte mit dem Niderbauen-Chulm, auf dem wir übernachtet hatten und Schwyz und die Mythen im Hintergrund
Und rechts der Urner-See.
Und alles zusammen sieht so aus. Boa, sagenhaft. Man muss auch sagen, dass das Wetter entsprechend war!
Was soll das folgende Bild darstellen? Keine Ahnung! Sagen wir einfach doch, es ist ein Werbung für meine neuen Zip-Off Hosen von Schöffel. Die sind nämlich der Hammer!
Hier ist der Blick auf den weiteren Weg vom heutigen Tag gerichtet. Die Wegspur lässt sich eigentlich nicht ausmachen.
Von der anderen Seite ist das schon viel besser möglich, wobei sich der Weg auch nur erahnen lässt. Er führt aber meist immer unmittelbar entlang des Grats.
Ganz so spektakulär wie auf dem folgenden Foto ist es aber nur selten.
Immer wieder sah man Schmetterlinge.
Hier waren wir bereits im in der Nähe des Schwalmis. Wir sind über die steile Wiese rechts von der Bildmitte aufgestiegen und haben den Grat dort erreicht, wo noch ein kleines Schneefeld sichtbar ist.
Die letzten Meter zum Gipfel des Schwalmis.
Panorama vom Schwalmis.
Aus dieser Perspektive sieht der Gipfel steiler aus, als er wirklich ist. So weit, so gut.
Am Anfang hatte ich über Probleme geredet und zum Ende der Wanderung muss ich das wieder tun. Hausi hatte nämlich kurz vor dem Gipfel der Schwalmis bemerkt, dass er seine Sonnenbrille unterwegs verloren hatte. Aufgrund der zahlreichen Fotos, die wir geschossen hatte, konnten wir eingrenzen, in welchem Abschnitt der Wanderung das geschehen war. Erschwerend kam aber hinzu, dass in diesem Bereich kein Pfad vorhanden war, sondern wir den Weg selbst durch die Wiesen gesucht hatten. Folglich konnte die Brille irgendwo liegen . Wir ließen nichts unversucht und entschlossen uns, bis zum letzten bekannten Punkt, an dem die Brille auf einem Foto noch sichtbar war, zurückzugehen. Man ahnt es schon. Wir kamen an diesem Punkt an, von der Brille war aber weit und breit nichts zu sehen.
Nachdem Hausi die Brille definitiv abgeschrieben hatten, machten wir uns auf den Rückwegs ins Tal. Dieser musste wegen der veränderten Ausganslage neu geplant werden. Wir wollte nicht ganz absteigen sondern stattdessen abermals eine Gondelbahn nehmen. Dies führte dazu, dass die Routenwahl etwas experimentell gestaltet werden musste um nicht all zu viele Höhenmeter wieder aufsteigen zu müssen. Experimentell war daran, dass der Weg, denn wir einschlugen noch auf der Landkarte eingezeichnet war, in der Realität aber nicht mehr wirklich vorhanden war. Zudem ging es noch recht steil nach unten. Alles kein Problem für erprobte Berggänger …
So kamen wir mit zwei Stunden Verspätung im Tal an. Und man glaubt es kaum, aber die 8 Liter Getränk waren praktisch aufgebraucht!
Und zu guter Letzt gab es noch etwas Währschaften auf den Tisch. Das war allerdings nach der Rückkehr nach Zürich.